Anzeige
Urabstimmung der Gewerkschaft

Streik abgewendet: EVG stimmt für Einigung mit der Deutschen Bahn

  • Veröffentlicht: 28.08.2023
  • 17:09 Uhr
  • Nelly Grassinger

Erleichterung bei Bahnreisenden: Vorerst wird bei der Deutschen Bahn nicht weiter gestreikt. Die Mitglieder der EVG haben für eine Annahme der Schlichtungsempfehlung gestimmt.

Anzeige

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat sich gegen weitere Bahn-Streiks entschieden.

  • Damit dürfte der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn beendet sein.

  • Ganz vom Tisch sind Bahn-Streiks allerdings nicht. Die Tarifverhandlungen mit der Lokführergewerkschaft GDL stehen noch bevor.

Die Schlichtung annehmen oder unbefristet streiken - vor diese Entscheidung stellte die Bahn-Gewerkschaft EVG ihre Mitglieder. Bei der Urabstimmung haben sich nun weniger als 50 Prozent der Abstimmungsteilnehmer:innen für einen unbefristeten Streik ausgesprochen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag (28. August) am Rande einer Sitzung des geschäftsführenden EVG-Vorstandes erfahren hat. Für einen unbefristeten Streik wäre eine Zustimmung von 75 Prozent nötig gewesen.

Ende des Tarifkonflikts in Sicht

Im Umkehrschluss dürfte der monatelange Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn damit nun beendet sein. 52,3 Prozent sprachen sich laut dpa-Informationen in der Urabstimmung für eine mühsam ausgearbeitete Schlichtungsempfehlung aus. Die Gewerkschaft hatte angekündigt, diesen Schlichterspruch bei einer Zustimmung von 25 Prozent anzunehmen. 

Die EVG und die Deutsche Bahn stecken seit Ende Februar im Tarifkonflikt, zweimal legte die Gewerkschaft in dieser Zeit mit Warnstreiks den Zugverkehr stundenlang nahezu komplett lahm. Ein dritter Warnstreik wurde vom Arbeitsgericht in Frankfurt am Main verhindert. Nach dem Gerichtstermin kamen die Verhandlungen besser voran, letztlich scheiterten sie aber im Juni. Beide Seiten verständigten sich dann mit zwei Schlichtern auf den nun vorliegenden Kompromiss.

Anzeige
Anzeige

Vorschläge des Schlichterspruchs

Der Kompromiss sieht eine Entgelterhöhung von 410 Euro pro Monat in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 25 Monaten vor. Die erste Stufe von 200 Euro soll ab Dezember gezahlt werden, die zweite ab August des kommenden Jahres. Zudem sollen alle Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro im Oktober ausgezahlt bekommen. Für einzelne Berufsgruppen wurden zudem strukturelle Erhöhungen in den Tariftabellen vereinbart, die nach der Vertragslaufzeit angewendet werden. Die Einkommen von gut 70.000 Beschäftigten werden sich damit noch einmal deutlich erhöhen. Der EVG-Bundesvorstand hatte nach hitzigen Diskussionen den Mitgliedern empfohlen, den Schlichterspruch anzunehmen.

Ergebnis der Streik-Abstimmung bis zuletzt unsicher

Allerdings gab es in der EVG auch einige Sorgen, dass nicht allzu viele Mitglieder bei der Urabstimmung für die Schlichtungsempfehlung votieren würden. Ein Ergebnis über 50 Prozent galt zuletzt nicht als sicher. In den vergangenen Wochen hatten viele Mitglieder etwa mit Beiträgen in sozialen Netzwerken betont, dass sie mit dem Schlichtungsergebnis nicht einverstanden sind. Die Verhandlungsführer wurden zum Teil sehr deutlich kritisiert. Gewerkschaftskreisen zufolge hatten sich vor und während der Urabstimmung auch einige große Landesverbände skeptisch zum Schlichtervorschlag geäußert.

Die EVG war mit der Forderung nach 650 Euro mehr für die 180.000 Beschäftigten bei 12 Monaten Laufzeit in die Verhandlungen gegangen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen - der Schlichterspruch erfüllt diese sicher nicht bei allen. Das Ergebnis mit mehr als 50 Prozent Zustimmung gibt den Verantwortlichen aber zumindest die Sicherheit, dass die Schlichtung mit einer Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer im Rücken unterschrieben werden kann. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,3 Prozent.

Anzeige
Anzeige
Eine Regionalbahn der Deutschen Bahn fährt am Morgen in den Hauptbahnhof Hannover ein.
News

Ein Blick ins Ausland

Chronisch unpünktlich? Das kann die Bahn von anderen Ländern lernen

Verspätungen, Zugausfälle und spontane Gleisänderungen kurz vor Abfahrt: Ein Leidthema für viele deutsche Bahnreisende. Doch wie sieht es in anderen Ländern aus?

  • 11.08.2023
  • 17:10 Uhr

Deutsche Bahn reagiert erfreut

Die Deutsche Bahn hat positiv auf das Urabstimmungsergebnis der Gewerkschaft EVG und das damit verbundene Ende des Tarifkonflikts reagiert. "Es ist für alle eine gute Nachricht, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten eine Tarifeinigung erzielt haben. Mit diesem Abschluss erkennen wir die exzellente Leistung unserer Mitarbeitenden an. Auch wenn er uns wirtschaftlich sehr viel abverlangt", sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler am Montag laut einer Mitteilung.

Der Weg zur Einigung sei anspruchsvoll gewesen, sagte Seiler. "Aber insgesamt gibt es jetzt eine gute Lösung. Unsere Mitarbeitenden bekommen endlich mehr Geld, wir haben wieder Planungssicherheit und unsere Fahrgäste ebenfalls."

Anzeige
Anzeige

Neue Bahn-Streiks der GDL im Herbst möglich

Mit Blick auf die kommenden Monate droht neuer Ärger: Der große Konkurrent der EVG, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit Claus Weselsky an der Spitze, könnte bald mit einem womöglich besseren Tarifabschluss auftrumpfen. Zwischen der GDL und der DB gilt noch bis Ende Oktober Friedenspflicht, danach wird ein neuer Tarifvertrag ausgehandelt. Unter den EVG-Abschluss wird sich Weselsky absehbar nicht drücken lassen, diese rote Linie ist vermutlich gesetzt.

Weselsky will für seine Leute 555 Euro mehr pro Monat erreichen sowie eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden. Auch die Inflationsausgleichsprämie gehört zu seinen Forderungen, der Tarifvertrag soll nach seiner Vorstellung zwölf Monate laufen. Weselsky steht für eine offensive Gangart bei Tarifverhandlungen - Warnstreiks sind dann wieder möglich.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
Mehr News und Videos
Forschungsauto soll  Schlaganfälle verhindern
News

Sichere Technik: Ein smartes Auto soll künftig Schlaganfälle am Steuer verhindern

  • 24.11.2024
  • 14:13 Uhr