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Offen für Reformen

Mehrheit der Deutschen: Schwarzfahren sollte keine Straftat sein

  • Aktualisiert: 12.04.2023
  • 17:10 Uhr
  • Nelly Grassinger

Wer die Geldstrafe fürs Schwarzfahren nicht bezahlt, muss dafür bisher ins Gefängnis. Nun soll geprüft werden, ob das Fahren ohne Fahrschein zukünftig als Ordnungswidrigkeit behandelt wird. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Schwarzfahren könnte entkriminalisiert werden.

  • Zwei Drittel der Bundesbürger:innen unterstützen diesen Vorschlag.

  • Bundesjustizminister Marco Buschmann plant außerdem eine Reform des Sanktionenrechts.

Wer beim Schwarzfahren erwischt wird muss eine Geldstrafe bezahlen. Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger:innen unterstützen den Vorschlag, das Fahren ohne gültigen Fahrschein künftig nicht mehr als Straftat zu behandeln. Stattdessen könnte es als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße gelten. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Plattform "Frag den Staat" die der Deutschen-Presse-Agentur vorliegen.

Ohne Ticket unterwegs zu sein, ist in Deutschland eine Straftat, ähnlich wie etwa ein Diebstahl. Bezahlt man die Strafe nicht, muss man stattdessen ins Gefängnis. Zum Vergleich: Wer mit dem Auto falsch parkt und erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Es zählt aber nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit. 

Offenheit für Reform bei Schwarzfahren

Die Meinungsforscher:innen hatten zunächst gefragt, ob die Teilnehmer:innen der Umfrage es richtig finden, dass Schwarzfahrende, die die Geldstrafe nicht zahlen, eine Gefängnisstrafe antreten müssen. Die Hälfte der Befragten findet das richtig. 45 Prozent der Bundesbürger:innen sind gegen eine Haftstrafe. Rund fünf Prozent machten dazu keine Angaben.

Unter den Gegner:innen einer Ersatzfreiheitsstrafe fanden sich vor allem Anhänger:innen der Grünen und Linkspartei. Die Befürworter:innen der geltenden Rechtslage fanden sich unter den Anhänger:innen aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien. 

Die Antworten auf die zweite Frage, ob Schwarzfahren in Bussen und Bahnen künftig in Deutschland so wie Falschparken als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße gehandhabt werden sollte, lassen jedoch eine große Offenheit für eine Reform erkennen. Den Angaben zufolge fänden 69 Prozent der Bundesbürger:innen eine solche Änderung richtig. Lediglich ein Viertel der Bevölkerung wäre dagegen.

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Bundestag plant Reform bei Ersatzfreiheitsstrafen

Der Bundestag berät aktuell über eine Reform des Sanktionenrechts, die unter anderem kürzere Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht. Am kommenden Montag soll es dazu eine Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuss geben.

Wer eine Geldstrafe nicht zahlt, sitzt die Summe alternativ im Gefängnis ab. Die Zahl der Tage, die Betroffene dann hinter Gitter verbringen müssen, entspricht aktuell den Tagessätzen, zu denen sie verurteilt wurden. Der Entwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht künftig eine Halbierung der Zahl der Hafttage vor.

Entkriminalisierung des Schwarzfahrens 

Die von Politikern der SPD, der Linken und der Grünen vorgeschlagene Entkriminalisierung des Schwarzfahrens ist nicht Teil dieser geplanten Reform. Erste Vorschläge dazu, wie man künftig mit der sogenannten Beförderungserschleichung umgehen will, sollen aber bald kommen.

"Das Fahren ohne Fahrschein gehört nicht ins Sanktionenrecht, sondern wird im Rahmen der von mir ebenfalls geplanten Reform des besonderen Teils des Strafgesetzbuches überprüft werden", sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann. Der FDP-Politiker verspricht: "Dazu wird es im Laufe dieses Jahres einen Entwurf geben."

Seinen Standpunkt zum Schwarzfahren ließ Buschmann offen. Er habe dazu "eigene Vorstellungen, aber das werden wir erst in der Koalition besprechen". Und: "Da gibt es auch nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern eine ganze Reihe verschiedener Modelle."

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Bundesländer wünschen sich verschiedene Ansätze

Die Landesregierungen von Berlin und Bremen hatten bei der Justizministerkonferenz im vergangenen Juni einen Antrag zur Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein eingereicht. Eine Mehrheit fand sich dafür damals nicht. Am Ende ihres Treffens im November baten die Justizminister:innen dann den Bundesjustizminister, "im Zuge der geplanten Modernisierung des Strafrechts auch die Aufhebung der Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrschein in den Blick zu nehmen" und einen Gesetzesvorschlag zur Aufhebung der Strafbarkeit zu unterbreiten.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) wünscht sich ein differenziertes Modell. Er sagt: "Mir ist wichtig, dass nicht Menschen kriminalisiert werden, die einmal ohne Fahrschein unterwegs sind." Aber "notorische Schwarzfahrer sollen weiter mit einem Straftatbestand angemessen sanktioniert werden können". Das schütze die Verkehrsbetriebe und die große Mehrheit der ehrlichen Kund:innen, die Fahrscheine kauften und letztlich für das Schwarzfahren mitbezahlen müssten.

Dass finanzielle Erwägungen auch bei den Überlegungen für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens eine Rolle spielen dürften, vermutet die Plattform "Frag den Staat". Denn auch jeder Haftplatz kostet die Bundesländer, und letztlich die Steuerzahler:innen, Geld.

  • Verwendete Quelle:
  • Nachrichtenagentur dpa
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