Wissenschaft
Intelligente Bewohner der Meere: Orcas jagen größten Fisch der Erde
- Veröffentlicht: 30.11.2024
- 00:09 Uhr
- Oliwia Kowalak
Schwertwale sind Raubtiere mit ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten. Eine Studie hat nun ermittelt, wie raffiniert ihre sozialen Jagdtechniken sind.
Das Wichtigste in Kürze
Untersuchungen eines Forscherteams zeigen, wie Schwertwale einen Walhai in Gruppen gejagt und erbeutet haben.
Beim Rauben attackieren sie die Beute nach neusten Erkenntnissen gezielt an einer bestimmten Stelle am Bauch.
Orcas zählen mit zu den intelligentesten Meeresbewohnern mit komplexem Sozial- und Gefühlsleben.
Schwertwale, auch bekannt als Orcas, besitzen ausgeprägte kognitive Fähigkeiten. Sie stehen an der obersten Position der Nahrungskette der Weltmeere. Forscher:innen konnten nun in einer Studie Daten darüber sammeln, wie ausgetüftelt das Jagdverhalten der Raubtiere aus den Tiefen der Ozeane ist. Die Untersuchung wurde am 29. November im Fachblatt "Frontiers in Marine Science" veröffentlicht.
"Wir schildern eine kooperative Jagdtechnik auf Walhaie, bei der die Orcas gezielt den Bauch attackierten, wodurch der Walhai ausblutete und die Orcas Zugang zu der fettreichen Leber erhielten", erklärte Meeresbiologe Erick Higuera Rivas, der an der Studie teilnahm.
Orcas jagen Walhaie in koordinierten Attacken
Walhaie (Rhincodon typus) gehören zu der größten Fischart der Welt. Sie wachsen auf bis zu 20 Meter und können unglaubliche 34 Tonnen schwer werden. Ihre Haut zählt mit 15 Zentimetern zu den dicksten Tierhäuten aller Lebewesen. Schwertwale (Orcinus orca) hingegen wachsen bis zu einer Größe von zehn Metern an und werden bis zu 6,5 Tonnen schwer. Weil sich vor der Küste Mexikos auch kleinere und jüngere Exemplare von Walhaien (drei bis sieben Meter) antreffen lassen, werden diese mitunter auch zur Beute von Killerwalen.
Angriff auf Walhai über Beckenbereich
Für die Studie sammelten die Wissenschaftler Foto- und Videomaterial von vier Überfällen der Orcas im Zeitraum von 2018 bis 2024 im südlichen Golf von Kalifornien. Die analysierten Materialien zeigen, wie Schwertwale einen Walhai jagten, indem sie gezielt den Beckenbereich anfielen. Durch Angriffe auf Klammern und Beckenflossen blutete die Beute aus, was den Orcas dann Zugang zur fettreichen Leber ermöglichte.
Bei der Auswertung der Bildmaterialien konnte außerdem ermittelt werden, dass bei drei der vier Attacken ein einzelnes ausgewachsenes Männchen, "Moctezuma" beteiligt war.
"Bei der Jagd arbeiten alle Mitglieder der Gruppe zusammen und schlagen auf den Walhai ein, um ihn umzudrehen", sagte Higuera Rivas. Walhaie seien in dieser Position unbeweglich, wodurch sie nicht mehr die Flucht ergreifen könnten. Auf diese Weise können die Orcas den Bauch erreichen.
Die bei dem vierten Ereignis beteiligten Weibchen sind zuvor mit dem männlichen Angreifer gesichtet worden. Die Forscher:innen vermuten, dass es im Golf von Kalifornien eine spezialisierte Jagdgruppe gibt, die Knorpelfische (Elasmobranchier) erbeuten. "Es ist beeindruckend, wie strategisch die Orcas zusammenarbeiten", begeisterte sich der Studienautor. "Das zeigt, was für großartige Raubtiere sie sind."
"Großartige Raubtiere": Orcas vererben kulturell
Killerwale leben in einer hochentwickelten, sozialen Struktur, in der eigene kulturelle Merkmale ausgeprägt werden. Die Familiengruppen (Pods) bestehen aus bis zu 50 Individuen und erstrecken sich über vier Generationen. Die Wale nehmen wegen ihrer ausgeprägten sozialen Eigenschaften sogar neue Mitglieder in ihre Pods auf.
Orcas kommunizieren untereinander mit Klicks, Pfiffen sowie Lauten, sprechen dabei unterschiedliche Sprachen oder Dialekte. So sollen bestimmte Geräuschsequenzen für spezielle Bedeutungen stehen.
Beim Jagen haben sie raffinierte Methoden entwickelt, um sich beispielsweise vor Tieren zu schützen. Mitunter erzeugen sie Blasen zur Verwirrung von Robben oder schlagen Wellen, um Pinguine von Eisschollen zu stoßen. Die Jagdtechniken sowie Vorlieben für bestimmte Beutearten werden laut Forschern kulturell vererbt.
Ihre Gehirne zählen zu den zweitgrößten der gesamten Tierwelt. Sie können sich selbst im Spiegel erkennen und besitzen die Fähigkeit, Empathie zu empfinden. Emotionen wie Frustration, Angst, Freude, Liebe und Wut gehören zur komplexen Gefühlswelt der Meeresbewohner. Wissenschaftler haben in der Vergangenheit beobachtet, wie ein Weibchen sich 17 Tage lang um sein Kalb kümmerte, welches kurz nach der Geburt verstarb. In dieser Trauerphase hat der weibliche Orca das verstorbene Tier mit der Nase über Wasser gehalten.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- nationalgeographic.de: "Komplexe Emotionen: Die lange Trauerphase der Orcas"